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Stephan Schmelzer
Anwaltskanzlei Dr. Schmelzer
Ostberg 3
59229 Ahlen


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Das Arbeitszeugnis und seine Geheimcodes

Jeder Arbeitnehmer hat einen rechtlichen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis vom Arbeitgeber. Dieser Anspruch ist in § 109 der Gewerbeordnung (GewO) verankert. Nach dieser Vorschrift muss das Arbeitszeugnis klar und verständlich formuliert sein und darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die eine andere Aussage über den Arbeitnehmer treffen, als aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtlich ist (§ 109 Abs. 2 GewO).

Konflikte beim Arbeitszeugnis
Bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber kann das Arbeitszeugnis oft ein Thema in Kündigungsschutzklagen sein. Außerhalb solcher Klagen kann eine Verpflichtungsklage auf Erteilung eines wohlwollenden, auf Leistung und Führung ausgerichteten Arbeitszeugnisses notwendig sein. Bei fehlerhaften oder ungerechtfertigt schlechten Zeugnissen kann der Arbeitnehmer auf Korrektur klagen. Der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass seine Leistung besser war, als im Zeugnis angegeben. Der Arbeitgeber muss hingegen beweisen, wenn er eine Bewertung schlechter als „befriedigend“ abgibt.

Einfaches und Qualifiziertes Arbeitszeugnis
Arbeitszeugnisse werden in einfache und qualifizierte Zeugnisse unterteilt. Ein einfaches Zeugnis enthält Informationen über die Tätigkeiten und die Beschäftigungsdauer. Ein qualifiziertes Zeugnis beinhaltet zusätzlich eine Bewertung der Leistung und des Verhaltens. Bei eigener Kündigung sollte der Arbeitnehmer bereits in der schriftlichen Kündigung um ein Zeugnis bitten.

Gemäß § 109 GewO hat der Arbeitnehmer ausdrücklich das Recht auf ein qualifiziertes Zeugnis, es sei denn, die Beschäftigungsdauer war so kurz, dass eine konkrete Leistungsbewertung nicht möglich ist.

Ausbildungs- und Praktikumszeugnisse
Auszubildende haben gemäß § 16 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Nach einem Praktikum oder am Ende einer Ausbildung muss das Zeugnis denselben Anforderungen genügen wie ein reguläres Arbeitszeugnis. Bei kurzen Praktika kann ein einfaches Zeugnis ausreichen, während ein Ausbildungszeugnis stets qualifiziert sein sollte.

Zwischenzeugnis
Ein Zwischenzeugnis kann bei Bewerbungen nach langer Beschäftigungsdauer beim gleichen Arbeitgeber wichtig sein. Ein rechtlicher Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nur bei einem berechtigten Interesse, welches oft in Tarifverträgen festgelegt ist. Anerkannte Gründe sind Betriebsübernahmen, Wechsel des Vorgesetzten oder der Abteilung, lange Beschäftigungsdauer ohne Zeugnis und bevorstehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei Bewerbungsabsichten ist ein Zwischenzeugnis ebenfalls ratsam.

Inhalt und Form des Arbeitszeugnisses
Ein Arbeitszeugnis muss bestimmte Informationen enthalten:

Name und Anschrift des Arbeitgebers
Name, Anschrift und Geburtsdatum des Arbeitnehmers
Dauer und genaue Beschreibung der Tätigkeit
Bei qualifizierten Zeugnissen: Leistungs- und Verhaltensbeurteilung
Unterschrift des Vorgesetzten oder Personalchefs
Die Beschreibung der Tätigkeit sollte präzise und umfassend sein, um zukünftigen Arbeitgebern einen genauen Eindruck der Qualifikationen zu vermitteln. Die Beurteilung sollte Aspekte wie Fähigkeiten, Fachwissen, Arbeitsbereitschaft, Arbeitsweise, Ergebnisse und Verhalten abdecken. Gründe für das Ende des Arbeitsverhältnisses sollten ebenfalls erwähnt werden.

Bedeutung der Schlussformel
Ob eine Grußformel am Ende des Arbeitszeugnisses enthalten sein muss, ist rechtlich nicht eindeutig geklärt. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch entschieden, dass kein Anspruch darauf besteht. Trotzdem kann eine positive Schlussformel, die Dank und gute Wünsche ausdrückt, einen guten Eindruck hinterlassen.

Umgang mit ungerechtfertigten Bewertungen
Ungerechtfertigt schlechte Bewertungen müssen nicht hingenommen werden und können gerichtlich angefochten werden.

Formulierungen und Geheimcodes im Arbeitszeugnis
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Zeugnis wahrheitsgemäß und wohlwollend zu formulieren. Wohlwollen bedeutet, dass die Jobsuche nicht absichtlich erschwert werden darf, während Wahrheit bedeutet, dass der Arbeitgeber haftbar gemacht werden kann, wenn er falsche Angaben macht. Oft werden Geheimcodes verwendet, die gut klingen, aber negative Botschaften übermitteln. Diese Codes sind verboten, wenn sie allzu offensichtlich sind, und können ein Grund für Klagen sein.

Bewertungsskala im Arbeitszeugnis
Die Formulierungen im Arbeitszeugnis können oft in Schulnoten übersetzt werden:

„Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = sehr gut
„Zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = gut
„Stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ = gut
„Stets zu unserer Zufriedenheit“ = befriedigend
„Zu unserer vollen Zufriedenheit“ = befriedigend
„Zu unserer Zufriedenheit“ = ausreichend
„Im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“ = mangelhaft
Die Bewertung des Verhaltens wird auch durch die Nennung der Personengruppen beeinflusst:

„Wurde von Kollegen, Vorgesetzten und Klienten stets als freundlich und engagiert geschätzt“ = sehr gut
„Verhältnis zu Vorgesetzten, Mitarbeitern und Klienten war einwandfrei“ = gut
„Verhalten zu Mitarbeitern und Vorgesetzten war vorbildlich“ = befriedigend
„Verhalten gegenüber Klienten war einwandfrei“ = ausreichend
„Verhalten war im Großen und Ganzen einwandfrei“ = mangelhaft
Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kann helfen, wenn das Arbeitszeugnis unzufriedenstellend ist.

Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmelzer, Fachanwalt IT-Recht, Fachanwalt Arbeitsrecht, http://www.dr-schmelzer.eu, Ostberg 3, 59229 Ahlen, Tel.: 02382.6646.

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
 
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