Irrtümer und Fehler im Arbeitsrecht, die sich vermeiden lassen
von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Stuttgart
Für einen Arbeitsrechtler, der seit Jahren Arbeitgeber im Arbeitsrecht berät, ist es verblüffend, dass ihm immer wieder die gleichen Fehler begegnen, die sich doch oft recht einfach vermeiden ließen. Aber es gibt offenbar Irrtümer, die dauerhaft weiter verbreitet werden. Dabei ließe sich bereits bei der Beachtung nachfolgender Regeln so mancher Rechtsstreit und finanzielle Schaden vermeiden:
Eine Verlängerung der Probezeit schließt die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) nicht aus. Oftmals sind Arbeitgeber der Ansicht, durch eine Verlängerung der Probezeit sei weiterhin eine Kündigung problemlos möglich. Dies ist jedoch ein Irrtum. Das KSchG greift nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit unabhängig von Vereinbarungen mit dem Arbeitnehmer. Die Vereinbarung einer Probezeit hat nur Einfluss auf eine anzuwendende Kündigungsfrist, auf den Anwendungsbereich des KSchG hat die Vereinbarung einer Probezeit keinerlei Einfluss. Bei Neueinstellungen ist es deshalb oft sinnvoll, eine Befristung des Arbeitsverhältnisses vorzusehen.
Leider werden immer wieder befristete Arbeitsverhältnisse nur mündlich vereinbart. Dies ist jedoch unwirksam, da die Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften schriftlich vereinbart werden muss. Es ist auch nicht ausreichend, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses nach der Arbeitsaufnahme noch schriftlich vereinbart wird, sondern die Befristung des Arbeitsverhältnisses muss vor der Arbeitsaufnahme schriftlich vereinbart werden.
Oftmals werden auch Fehler bei der Verlängerung von befristeten Arbeitsverhältnissen gemacht. Nach der gesetzlichen Regelung können befristete Arbeitsverhältnisse bei Neueinstellungen bis zu drei Mal auf eine Gesamtdauer von zwei Jahren verlängert werden. Eine typische Falle für Arbeitgeber ist hierbei, dass Verlängerungen aus Sicht der Juristen bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortgesetzt wird.
Wer also beispielsweise im Zusammenhang mit der Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses mit seinem Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung vereinbart, verlängert kein befristetes Arbeitsverhältnis, sondern schließt ein neues Arbeitsverhältnis mit geänderten Bedingungen ab. Dies hat nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung zur Folge, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht.
Vertragsänderungen bei einem befristeten Arbeitsverhältnis sollten deshalb niemals im Zusammenhang mit einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden, sondern immer zu einem anderen Zeitpunkt.
Weit verbreitet ist auch noch immer die Annahme, dass das KSchG für alle Arbeitnehmer gilt, die in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmern beschäftigt werden. Diese Regel stimmt jedoch seit einigen Jahren nicht mehr und war auch in der Vergangenheit niemals ganz richtig. Denn schon immer werden Teilzeitkräfte nur anteilig als Arbeitnehmer gezählt und für Neueinstellungen seit dem 01.01.2004 greift das KSchG auch nur, wenn ständig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Dies hat zur Folge, dass zwischenzeitlich das KSchG in vielen kleinen Betrieben nicht mehr gilt und der Arbeitgeber erweiterte Möglichkeiten zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses hat. Da die Feststellung der insoweit relevanten Mitarbeiterzahl kompliziert ist, sollten Arbeitgeber, deren Beschäftigungszahl sich in diesem Bereich bewegt, sich immer im Vorfeld einer Kündigung rechtlich beraten lassen.
Leider ist auch immer noch oft zu erleben, dass Arbeitgeber mündlich kündigen oder eine mündliche Kündigung des Arbeitnehmers nur schriftlich bestätigt wird. Beides hat jedoch zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht. Denn mündliche Kündigungen sind seit mehreren Jahren nicht mehr zulässig. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer nach seiner mündlichen Kündigung nicht mehr im Betrieb erscheint. Der Arbeitnehmer kann sich noch Wochen oder Monate später auf die Unwirksamkeit einer mündlichen Kündigung berufen und Weiterbeschäftigung verlangen. Denn der Gesetzgeber schreibt zwingend vor, dass eine Kündigung schriftlich ausgesprochen werden muss, schriftlich bedeutet hierbei, dass ein Schriftstück mit Originalunterschrift dem Arbeitnehmer zugehen muss. Es ist also weder eine Kündigung per Telefax, noch beispielsweise per E-Mail möglich. Auch reicht es nicht aus, eine mündliche Kündigung des Arbeitnehmers zu bestätigen, da nach Ansicht der Gerichte die Bestätigung einer unwirksamen Kündigung die Kündigung nicht wirksam macht. Notwendig ist auch in solchen Fällen, dass der Arbeitgeber selbst eine schriftliche Kündigung ausspricht.
Oft wird auch seitens der Arbeitgeber nicht berücksichtigt, dass Arbeitnehmer in Elternzeit ebenfalls einem besonderem Kündigungsschutz unterliegen und nur mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde gekündigt werden können. Dies gilt auch, soweit die Arbeitnehmer während der Elternzeit in Teilzeit tätig sind. Höchst überraschend ist für viele Arbeitgeber, dass dieser Kündigungsschutz auch für Arbeitnehmer gilt, die gar keine Elternzeit beim Arbeitgeber beantragt haben, aber dennoch in Teilzeit arbeiten und ein Kind unter zwei Jahren haben.
Durch die Beachtung obiger Regeln ließe sich so mancher Rechtsstreit vermeiden. Generell sollten Arbeitgeber berücksichtigen, daß sich durch Beratung im Vorfeld einer Entscheidung durch einen Rechtsanwalt oftmals ein kostenträchtiger Streit vermeiden lässt und die Kosten einer Beratung vor einer Entscheidung meist geringer sind als die Kosten einer späteren Auseinandersetzung.
Für Rückfragen steht der Autor gerne zur Verfügung:
Michael Henn
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kanzlei Dr. Gaupp & Coll.
Theodor-Heuss-Str. 11
70174 Stuttgart
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